Housing First Esslingen
Das Projekt „Housing First Esslingen“ ist unter Leitung der Stadt Esslingen und in Kooperation mit der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e.V. und Heimstatt Esslingen e.V. am 01.01.2024 an den Start gegangen.
Housing First eine Herangehensweise der Wohnungsnotfallhilfe, bei der wohnungslosen Menschen zuerst eine stabile Unterkunft angeboten wird, bevor andere Probleme angegangen werden.
Das bedeutet konkret, dass Menschen ohne festen Wohnsitz oder die in Notunterkünften leben, durch Vermittlung der Stadt Esslingen eine Wohnung erhalten können.
Dies ist nicht an vorherige Bedingungen wie Suchtbehandlung oder psychische Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen geknüpft.
Eine Sozialberatung durch die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. und die Heimstatt Esslingen e.V. kann vor, während und nach dem Umzug in Dauerwohnraum freiwillig von den Klient*innen in Anspruch genommen werden. Der Gedanke dahinter ist, dass es schwierig ist, andere Probleme wie Sucht oder psychische Gesundheit anzugehen, wenn jemand kein sicheres Zuhause hat.
Das selbstbestimmte Leben steht im Mittelpunkt aller Hilfen im Rahmen von Housing First.
Ein neues Kapitel beginnt, während ein altes Projekt sein Ende findet. Mit dem Anfang des Jahres kam die Gelegenheit, neue Partnerschaften zu schmieden und ein frisches Projekt in Angriff zu nehmen. In diesem Kontext hat sich die Stadt Esslingen mit der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e.V. und der Heimstatt Esslingen e.V. zusammengetan, um gemeinsam „Housing First Esslingen“ auf den Weg zu bringen. Die Einrichtungen haben sich zum Ziel gesetzt, im Projektzeitraum vom 01.01.2024 bis 31.12.2026 insgesamt fünfzehn Wohnungen zu vermitteln. Zielgruppe sind alle Menschen, die ordnungsrechtlich untergebracht sind oder auf der Straße leben und ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt Esslingen verorten. Die Wohnraumakquise über Baugenossenschaften und private Vermieter*innen wird von der Stadt Esslingen übernommen, während die gemeinnützigen Träger ihre Beratungs- und Vermittlungsleistung zur Verfügung stellen.
Housing First Esslingen arbeitet nach den Grundprinzipien des 1999 in den USA entwickelten Ansatzes.
Grundprinzipien:
1. Wohnen als Menschenrecht
Housing First betont das Recht auf Wohnen. Wohnraum wird zuerst und nicht zuletzt angeboten. Die Personen müssen sich die Wohnung nicht erst verdienen. Unser bisheriges Hilfesystem setzt eine gewisse „Wohnfähigkeit“ voraus, bevor den Personen ein Wohnraum angeboten wird. Housing First kehrt diesen Ansatz um.
2. Wahlfreiheit und Entscheidungsmöglichkeit für Betroffene
Housing First-Nutzer*innen entscheiden selbst, wo und wie sie leben wollen und welche Art von Unterstützung sie erhalten möchten.
3. Trennung von Wohnen und Betreuung
Wenn Nutzer*innen die Betreuung nicht mehr möchten oder benötigen, müssen sie nicht aus der Wohnung ausziehen. Aber auch wenn Nutzer*innen die Wohnung nicht mehr möchten, können sie weiterhin sozialpädagogisch begleitet werden.
4. Recovery-Orientierung
Das Augenmerk liegt ganzheitlich auf dem Wohlbefinden der/des Einzelnen. Besonders im Blickpunkt stehen die physische und psychische Gesundheit, das soziale Umfeld und der Grad an sozialer Inklusion.
5. Harm-Reduction
Harm-Reduction verlangt nicht die Abstinenz von Drogen und Alkohol, stellt aber Betreuung und Beratung zur Verfügung, um Konsum und mögliche Folgeschäden zu reduzieren.
6. Aktive Beteiligung ohne Druck und Zwang
Die Bewohner*innen werden ohne Druck und Zwang an den Prozessen beteiligt, mit dem Bestreben, sie bei der aktiven, selbstbestimmten Gestaltung ihres Lebens zu unterstützen.
7. Personenzentrierte Hilfeplanung
Die individuellen Bedürfnisse der Nutzer*innen liegen im Fokus der Hilfe. Sie geben den Rahmen und den Umfang der Hilfe innerhalb der bestehenden Möglichkeiten vor.
8. Flexible Unterstützung solange wie nötig
Zum einen sind die angebotenen Hilfen nicht an die Wohnung gebunden. Zum anderen reagiert Housing First flexibel auf den sich verändernden individuellen Betreuungsbedarf.
Der Vorteil für Vermieter*innen:
- wir halten Kontakt zu den Mieter*innen
- vor Abschluss des Mietvertrags klären wir die Sicherstellung der Mietzahlungen
- Sie haben einen festen Ansprechpartner bei Schwierigkeiten im Mietverhältnis
Was ist der Unterschied zu unserer bisherigen Arbeit?
Stammhausmodell | Housing First |
Ziel: dauerhafter Wohnraum | Ziel: dauerhafter Wohnraum |
Schritt 1: Stammhauswohnung im Eigentum der Heimstatt, Mietvertrag gekoppelt an Beratung | Schritt 1: Dauerwohnraum, unbefristeter Mietvertrag ohne Bedingungen |
Schritt 2: Sozialberatung | Schritt 2: falls gewünscht Sozialberatung |
Schritt 3: Suche nach Dauerwohnraum | |
Das „Stammhausmodell“ der Heimstatt ist nicht weit entfernt vom Housing First-Ansatz aus den USA. Auch bislang ist die Prämisse unserer Arbeit, dass Menschen eine Wohnung brauchen, um andere Problemlagen angehen und ein eigenständiges Leben nach ihren Vorstellungen leben zu können.
Bislang durchlaufen wohnungslose Menschen ein Stufenmodell: Aus der ordnungsrechtlichen Notunterkunft können sie vereinseigenen Wohnraum erhalten. Der Mietvertrag im sog. Stammhaus ist befristet und an die Begleitende Beratung durch unseren Sozialdienst gebunden. Von dort aus unterstützen wir die Menschen auf dem Weg in Dauerwohnraum.
Bei Housing First steht der Dauerwohnraum an erster Stelle des Unterstützungsprozesses und alle weiteren Unterstützungsangebote sind freiwillig.
Wir freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern, auf viele Wohnungen und erfolgreiche Wohnungsvermittlungen!
Housing First Esslingen wird unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, die Vector Stiftung und die Stadt Esslingen.