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Wo sind all die Schmarotzer hin?

Ein Kommentar aus der Unabhängigen Bürgergeld-Beratung

„Sag, wo die Schmarotzer sind. Wo sind sie geblieben?
Sag, wo die Schmarotzer sind. Was ist geschehn?“

Anders als in dem bekannten Lied von Marlene Dietrich werden hier nicht die Blumen sondern die sog. Sozialschmarotzer gesucht. Ja, wo sind sie denn?

In der Jahresstatistik der Unabhängigen Bürgergeld Beratungen im Landkreis Esslingen wurde im Jahr 2024 kein einziger Sanktionsfall für solche Arbeitsunwilligen festgehalten und auch intern kein einziger gefühlter Verdachtsfall diskutiert. Dabei ist dieser Beratungsverbund, zu dem auch Heimstatt Esslingen e.V. gehört, der 1. Ansprechpartner für Bürgergeldberechtigte im Landkreis Esslingen. Vielmehr wird hier von Alleinerziehenden, Kranken und Angeschlagenen, Wohnsitzlosen, langzeitarbeitslosen Alleingelassenen und anderen Menschen berichtet, die trotz Vollzeitarbeit ohne aufstockendes Bürgergeld finanziell nicht über die Runden kommen würden, und die Unterstützung und keine verstärkten Sanktionen brauchen. So groß kann diese Gruppe der Arbeitsverweigerer dann wohl nicht sein.

Warum aber greifen manche Medien die von der CDU/CSU, einigen anderen Parteien und Teilen der Arbeitgeberschaft entfachte Hetzkampapne gegen Bürgergeldbezieher gerne und unermüdlich immer wieder auf, wenn es Totalverweigerer in großer Zahl gar nicht gibt, und Vollzeit-Erwerbstätige – was durch Berechnungen längst nachgewiesen wurde – durch die aktuellen Einkommensfreibeträge bei Aufstockern natürlich besser dastehen, als reine Bürgergeldbeziehende (Freibeträge mit Kindern hier 378 Euro / ohne Kinder 348 Euro). Wenn einigen aber der Abstand zwischen Arbeitenden und Bürgergeldberechtigten wirklich zu gering erscheint, dann wäre es nur fair, den Mindestlohn zu erhöhen. Dann wird der Abstand wieder etwas zurechtgerückt. Es muss doch auch Bestreben der Arbeitgeberschaft sein, ihre Vollzeitbeschäftigten in vielen Fällen nicht weiter im Bezug zu belassen, und Verantwortung für sie zu übernehmen. Hier macht die Aussage: „Arbeit muss sich lohnen!“ dann auch wirklich Sinn, und würde vor allem auch Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine lohnende Perspektive bieten, ohne Bürgergeld klarzukommen. Nein, da werden lieber die Ärmsten und die Geringverdienenden gegeneinander ausgespielt – und die Reichen haben dann die Ruhe, immer reicher zu werden.

Neben diesen verschärften Sanktionen will das neue Regierungsbündnis auch die Wiedereinführung des Vermittlungsvorranges (einschl. perspektivloser Helferjobs) festschreiben sowie z. B. die Anerkennung der vollen Wohnkosten einschränken und die Karenzzeit für das Vermögen abschaffen. Dies alles trifft aber hauptsächlich nicht die sog. Sozialausbeuter, da es diese ja kaum gibt, sondern die Ärmsten in unserer Gesellschaft.

Eine solche Sozialpolitik ist insgesamt unehrlich, ungerecht und unsolidarisch, schafft soziale Spannungen und treibt weiter die Wähler in die Hände der AfD.

Wir wünschen der GroKo bei diesem brennenden Thema neben kühler, emotionsfreier Sachlichkeit vorausschauende, abgewogene und sozial vertretbare Entscheidungen, die auf den Realitäten aufgebaut sind, und allen Bürgern ein menschenwürdiges Existenzminimum garantieren.

„Sag uns, wo die Hoffnung ist. Ist sie uns geblieben?
Sag uns, wo die Hoffnung ist. Lass sie nicht vergehn.“