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Podiumsdiskussion “Armut in der Zeitenwende”

Im Gespräch: Frau R. Rapp, Herr M. Osswald , Frau J. Baaken und Herr D. Kaufmann v. links

Armut in der Zeitenwende

Am Montag, 16.01.2023 veranstaltete die SPD Esslingen einen Gesprächsabend mit dem Titel „Armut in der Zeitenwende“. Dieter Kaufmann, ehemaliger Esslinger Dekan und Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks, führte mit einem spannenden Impuls ein. Der Blick auf die aktuellen Notlagen von denjenigen Menschen, die schon vor der aktuellen Energiekrise und Inflation nicht genug zum Leben hatten, wurde durch die Perspektiven von Marius Osswald, dem Leiter des Amts für Soziales, Integration und Sport, und Janina Baaken, Geschäftsführerin des Vereins Heimstatt Esslingen e.V. ergänzt.

Für uns steht außer Frage, dass wir uns in einer krisenhaften Zeit befinden: Die Preise für Strom und Gas explodieren – auch Holz und Kohlebriketts sind kaum mehr zu bekommen. Die Kosten für Lebensmittel sind trotz einer Inflationsrate von „nur“ 10% um über 20% gestiegen. Die Schere zwischen arm und reich öffnet sich immer weiter: 10% der Bevölkerung besitzen zwei Drittel des gesamten Nettovermögens in Deutschland. Nicht nur im Landkreis Esslingen ist bezahlbarer Wohnraum mehr als knapp. Mangel erleben wir auch bei Fachkräften und ehrenamtlich engagierten Bürger*innen.

Die Zeit in der wir leben, ist darüber hinaus auch noch von vielen anderen Veränderungen geprägt. Die voranschreitende Digitalisierung ist nur eine davon. Wir erleben mit Corona als Katalysator eine Ausweitung von digitalen Angeboten, auch bei Ämtern. Zugleich wird der Zugang zur Online-Welt inklusive der nötigen Endgeräte noch nicht als Bedarf anerkannt, der für die Teilhabe in unserer Gesellschaft immer unverzichtbarer wird. Wir spüren spätestens seit 2020 aber auch immer deutlicher, dass das Internet Segen und Fluch zugleich ist. Die Vorgänge und der Informationsfluss wird dadurch erleichtert, aber auch die Weitergabe von Falschinformationen wird dadurch ermöglicht. Immer öfter werden Meinungen hierarchisch über Fakten gestellt. Gespeist aus Existenz- und Zukunftsängsten entsteht Verunsicherung, Politikverdrossenheit oder teilweise eine Hinwendung zum rechteren Parteienspektrum. Da sind Energiepauschalen und Inflationsausgleiche sicher ein guter und wichtiger Schritt, um die Sorgen und Nöte der Bevölkerung abzufedern. Auch die Erhöhung des Regelsatzes im Rahmen des Bürgergeldes und die Wohngeldreform sind sinnvolle Instrumente.

Zum Schluss bleiben viele Fragen offen:

Reichen diese punktuellen Erleichterungen aus?

Wie kann es sein, dass mehr Menschen denn je in Deutschland auf die Tafeln angewiesen sind, obwohl es Aufgabe des Staates ist, dafür zu sorgen, dass die Grundbedürfnisse gedeckt sind?

Warum sind weder eine Wohnung, noch der Zugang zu Lebensmitteln eine Selbstverständlichkeit in Deutschland?

Ist das nun die „Zeitenwende“, über die Bundeskanzler Scholz spricht? Oder haben wir es mit Entwicklungen zu tun, die so schon lange laufen und sich in der aktuellen Weltlage einfach um ein Vielfaches verschärfen?

Welchen Namen auch immer wir dem Kind geben – wichtig ist, dass wir besonders jetzt weiter ein offenes Ohr für die Menschen haben, die von Armut betroffen sind, und dass wir wirtschaftliche, beratende und psychosoziale Leistungen weiter aktualisieren und ausbauen.